Qualifizierung und Validierung von Laborautoklaven
Qualifizierung und Validierung von Laborautoklaven
Die Notwendigkeit einen Autoklaven zu qualifizieren und den Sterilisationsprozess zu validieren geht aus verschiedenen Gesetzen und Verordnungen hervor. Auch wenn die Begriffe Qualifizierung und Validierung meistens in einem Satz genannt oder gar synonym verwendet werden, verbergen sich dahinter unterschiedliche Aussagen und Herangehensweisen.
Die Notwendigkeit einen Autoklaven zu qualifizieren und den Sterilisationsprozess zu validieren gehen unter anderem aus dem Arzneimittelgesetz, dem Medizinproduktegesetz, dem Chemikaliengesetz, sowie der Biostoff- und Gentechnikschutzverordnung hervor. Diese Gesetze und Verordnungen verweisen bisweilen auf Richtlinien, Beschlüsse bzw. Entscheidungen von Kommission, Leitlinien und Normen. Durch Verweise von rechtlich bindenden EU-Verordnungen auf rechtlich nicht verbindliche Normen oder Leitlinien wie die EU-GxP-Leitfäden für
- Gute Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice – GMP)
- Gute klinische Praxis (Good Clinical Practice – GCP)
- Gute Laborpraxis (Good Laboratory Practice – GLP)
erhalten diese einen gesetzesähnlichen Charakter und deren Einhaltung wird von staatlichen Stellen überprüft und wiederkehrend kontrolliert. Ziel dabei ist die Sicherung und Gewährleistung eines hohen und vor allem einheitlichen Qualitätsstandards. Die Abgrenzung der einzelnen Regularien zueinander erfolgt dabei wie in Bild 1 dargestellt.
Gemäß dem EU-GxP-Leitfäden sind Anlagen und Prozesse, die direkt in den Herstellungsprozess für Produktgruppen wie Arzneimittel, Wirkstoffe, Kosmetika, Lebensmittel, Futtermittel und Medizinprodukten eingebunden sind und somit Einfluss auf die Produktqualität haben, zu qualifizieren und zu validieren. Die Anforderungen des Leitfadens der Grundsätze der guten Laborpraxis richten sich an Labore, die nicht-klinische Studien an Prüfgegenständen wie Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel, Biozide, kosmetische Mittel, Tierarzneimittel, Lebensmittelzusatzstoffe, Futtermittelzusatzstoffe und Industriechemikalien durchführen. Auch Anlagen und Prozesse, die dazu dienen humane Probenmaterialien (Körperflüssigkeiten, Gewebe, Zellkulturen etc.), Mikroorganismen, Zellkulturen, Endoparasiten – einschließlich ihrer gentechnisch veränderten Formen – zu inaktivieren, fallen hierunter.
Eine Forderung der Grundsätze der guten Laborpraxis ist es, dass Geräte, einschließlich validierter computergestützter Systeme, die zur Gewinnung, Erfassung und Wiedergabe von Daten und zur Kontrolle der für die Prüfung bedeutsamen Umweltbedingungen verwendet werden, eine geeignete Konstruktion und ausreichende Leistungsfähigkeit aufweisen müssen. Ist Ihr Autoklav direkt in Studien an vorgenannten Produktgruppen eingebunden, muss dessen Eignung hinsichtlich Konstruktion und Leistungsfähigkeit nachgewiesen werden. Im Detail werden die überwachenden Behörden, die Anforderungen an die Qualifizierungs- und Validierungsdurchführung und Dokumentation durch die Angabe von Normen, Richtlinen etc. näher definieren bzw. sich ggf. an Normen anlehnen, da auch die Normung sich in gewissen Grenzen bewegt.
Qualifizierung und Validierung
Als Betreiber eines Autoklaven, der in Ihren Herstellungsprozess eingebunden ist – oder als Betreiber eines Labors – sind Sie verantwortlich für Ihren Herstellungsprozess bzw. für die Ergebnisse und Schlussfolgerungen Ihrer Studie. Die Qualifizierung und Validierung wird dabei häufig unter Zuhilfenahme eines entsprechend qualifizierten Dienstleisters durchgeführt. Da nur Sie die produktspezifischen Anforderungen an Ihren Prozess definieren können, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Ihren Fachabteilungen, dem Qualifizierer / Validierer und dem Autoklavenhersteller notwendig.
Auch wenn die Begriffe Qualifizierung und Validierung meistens in einem Satz genannt oder gar synonym verwendet werden, verbergen sich dahinter unterschiedliche Aussagen und Herangehensweisen. Die Gemeinsamkeit beider Begrifflichkeiten besteht darin, dass richtlinienkonforme Unterlagen, die die Definition der einzelnen Tests und die Dokumentation der Testergebnisse enthalten, zu erstellen sind. In vielen Fällen beinhaltet der schriftlich festzulegende Qualifizierungs- / Validierungsplan gleichzeitig Protokolle, die zur Dokumentation der Testergebnisse, während der Durchführung genutzt werden.
Qualifizierung: Im Rahmen einer Anlagenqualifizierung soll der Beweis erbracht werden, dass eine Anlage mit der eingesetzten Technik für die vorgesehene Aufgabe geeignet ist, einwandfrei arbeitet und anforderungskonforme Ergebnisse liefert. Hier liegt das Hauptaugenmerk demnach auf der Anlage (dem Autoklaven) und deren korrekten Funktion selbst.
Validierung: Die Zielsetzung einer Prozessvalidierung ist die Beweisführung, dass der Prozess wirksam ist und reproduzierbar ein Produkt (Ergebnis) liefert, das den gestellten Qualitätsanforderungen entspricht. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei also auf dem Prozess selbst und dem Nachweis der Einhaltung der durch den Betreiber der Anlage zu definierenden Akzeptanzkriterien.
Häufig handelt es sich bei einer Prozessqualifizierung um einen Prozess, der innerhalb einer Anlage abläuft, was die Verknüpfung der Begriffe erklärt. Der Prozess der Qualifizierung und Validierung wird in Bild 2 veranschaulicht.
DQ – Design-Qualifizierung
Die erste Qualifizierungsstufe eines Autoklaven beginnt quasi in dem Moment, in dem Sie Ihre Anforderungen an das anzuschaffende Gerät formulieren und dokumentieren. Hiermit erstellen Sie bereits Ihre User Requirement Specification (URS); d.h. die Anforderungen, die an ein Gerät gestellt werden und welche zwingend zu erfüllen sind. Autoklaven können bei vielen Herstellern mit Optionen ausgestattet werden, die z.B. die Prozessgenauigkeit oder die Prozessgeschwindigkeit beeinflussen. Sind bestimmte Optionen in Anhängigkeit der durchzuführenden Prozesse in der URS nicht berücksichtigt, und werden diese dem Gerät entsprechend nicht zugerüstet, kann dies eine erfolgreiche Qualifizierung und Validierung später deutlich erschweren bis komplett verhindern. Bereits in dieser Phase sollten zukünftige Betreiber daher genauestens spezifizieren, wofür der Autoklav eingesetzt werden soll, welche Anforderungen an die Prozesse gestellt werden und welche Normen und Richtlinien einzuhalten sind.
Je nach Komplexität der Anlage beziehungsweise des Autoklaven wird der Umfang der URS stark variieren. Anbieter von Autoklaven werden auf dieser Basis ein Angebot abgeben und in Abstimmung zwischen Betreiber und Hersteller entstehen Lasten-/ und Pflichtenheft. Die Überprüfung auf Übereinstimmung ist elementarer Bestandteil der ersten Qualifizierungsstufe – der Designqualifizierung (DQ). Nach erfolgreicher DQ wir das Gerät vom Hersteller anhand der vereinbarten Spezifikationen gefertigt. Nun kann parallel (entweder intern, mit dem Hersteller oder mit einem separaten Dienstleister) die Erstellung der für die nachfolgenden Schritte IQ, OQ und PQ notwendigen Dokumente (Validierungsplan) begonnen werden. Diese Dokumente sind Grundlage für die Durchführung der IQ, OQ und PQ und geben die durchzuführenden Überprüfungen und Tests sowie deren Parameter und Akzeptanzkriterien vor. Eine detaillierte Dokumentation ist notwendig, um nachweisen zu können, dass alle Überprüfungen und Tests erfolgreich durchgeführt wurden.
IQ – Installationsqualifizierung
Nach erfolgreichem Abschluss der Designqualifizierung und erfolgter Anlieferung des Gerätes kann die nächste Qualifizierungsstufe des Autoklaven vor Ort – die Installationsqualifizierung (IQ) beginnen. Hier werden mitunter die Eignung des Aufstellortes, die physischen Merkmale des gelieferten Autoklaven, sowie die Vollständigkeit der zu dem Gerät gehörigen Dokumentationsunterlagen überprüft und in den Qualifizierungsunterlagen dokumentiert. Dokumentationsunterlagen umfassen in der Regel die Betriebsanleitung, Wartungs-, Reinigungs-, und Kalibrieranweisungen bis hin zu Materialzeugnissen und Datenblätter einzelner verbauter Komponenten.
Ist diese Qualifizierungsstufe ebenfalls erfolgreich abgeschlossen, oder wurden möglicherweise festgestellte Abweichungen aufgrund einer Risikoanalyse bewertet und entsprechende Maßnahmen zur Beseitigung eingeleitet, kann mit der Funktionsqualifizierung (OQ) der Anlage begonnen werden.
OQ – Funktionsqualifizierung (Operational Qualification)
Hierbei wird der Nachweis erbracht, dass die Geräte, Anlagen, Dienstprogramme oder Systeme die Anforderungen und Spezifikation des Betreibers, welche im Rahmen der Design-Qualifizierung festgelegt wurden, eingehalten werden. Es werden Tests durchgeführt, um nachzuweisen, dass das Gerät planmäßig arbeitet. Dazu gehört sowohl eine Kalibrierung, als auch die Simulation von Fehler-, Stör,- und Abschaltbedingungen des Gerätes. Dieses Vorgehen dient dem dokumentierten Nachweis, dass Fehler, die sicherheitsrelevant, oder für das Produkt qualitätsbeeinflussend sein können, von dem Autoklaven korrekt erkannt werden.
Auch die Durchführung von Sterilisationsläufen des Autoklaven ohne eingebrachtes Produkt gehört zum Umfang der Funktionsqualifizierung. Hierbei werden Temperatursensoren und ein Drucksensor in den Autoklaven eingebracht, welche mittels eines Datenloggers Druck und Temperatur unabhängig von der Steuerung des Autoklaven messen. Die so ermittelten Temperatur- und Druckwerte können somit gegen die über die Steuerung des Autoklaven ermittelten Werte geprüft werden. Zusätzlich werden Bioindikatoren basierend auf Bacillus stearothermophilus in den Autoklaven eingebracht, um die biologische Wirksamkeit des Sterilisationsprozesses nachzuweisen. Ziel ist der dokumentierte Nachweis, dass eine Anlage oder ein Gerät, ohne Produkt, für seine vorhergesehenen Nutzung, geeignet ist.
PQ – Performance Qualifizierung
Nach erwiesener korrekter Funktionen des Autoklaven ohne Produkt erfolgt die Überprüfung der Leistung des Gerätes nach den Vorgaben des im Vorfeld festgelegten Validierungsplans, mit dem Ziel nachzuweisen, dass die festgelegten Prozessanforderungen unter realen Bedingungen (mit Produkt) adäquat eingehalten werden. Dabei gilt es zu beachten, dass die Temperaturverteilung von dem zu sterilisierenden Produkt abhängig ist und deswegen für jede Beladungskonfiguration ein eigener PQ Test durchgeführt werden muss. Hierfür werden Beladungsmuster definiert, die repräsentativ für die im Alltagsbetrieb zu erwartenden Beladungen stehen sollen. Häufig erfolgt dies nach folgendem Schema:
- Minimal-Beladung,
- Medium-Beladung,
- Worst-Case-Beladung.
In jedem Fall ist aber die Worst-Case-Beladung in Bezug z.B. auf die Beladungsmenge zu prüfen. Weitere Parameter müssen eventuell berücksichtigt werden, wenn diese einen Einfluss auf das Ergebnis des Sterilisationsprozesses haben könnten.
Wie auch in der OQ erfolgt die Überprüfung des Sterilisationsprozesses durch Temperatur- und Drucksensoren die, die entsprechenden Daten unabhängig von der Steuerung des Autoklaven, mittels eines Datenloggers, erfassen. Zusätzlich wird die biologische Wirksamkeit des Sterilisationsprozesses ebenfalls durch Referenzindikatoren, basierend auf Bacillus sterothermophilus, nachgewiesen. In der PQ werden die Temperatursensoren und auch die Bioindikatoren, anders als in der OQ, in dem zu prüfenden Produkt (Beladungsmuster) platziert, um den Nachweis der sterilisierenden Wirksamkeit im Produkt zu erbringen. Wichtig ist, dass die Temperatursensoren und auch die Bioindikatoren in die Stellen des Produktes platziert werden, in denen es zu erwarten ist, dass eine sterilisierende Wirkung am schwierigsten zu erreichen ist. Ziel ist der dokumentierte Nachweis, dass ein Prozess unter Berücksichtigung des Produktes, reproduzierbar das erwartete Ergebnis liefert.
Bei der Durchführung von OQ und PQ sollten bei der Anzahl der Temperaturmesspunkte innerhalb des Nutzraums die Empfehlungen aus einschlägigen Normen wie die EN 556, oder die GxP-Guidelines halten, da jede Abweichung davon bei einer Inspektion vermutlich zu Rückfragen führen wird. So sollten pro 1 m3 Sterilisierraum 12 Temperaturmessstellen vorgesehen werden. Zu jeder Temperaturmessstelle wird ein Bioindikator basierend auf Bacillus stearothermophilus platziert.
Sterility Assurance Level
Zur Frage, wann ein Produkt als steril bezeichnet werden kann bzw. wann ein Sterilisationsprozess als reproduzierbar gilt, also immer das gleiche Ergebnis liefert (ein steriles Produkt), gibt ebenfalls die Norm EN 556 Auskunft. Hier wird das sogenannte Sterility Assurance Level (SAL) definiert. Das SAL geht von einer theoretischen Population von z. B. 100 000 (105) Mikroorganismen (Colony Forming Units – CFU) aus.
Für die Prüfung von Dampfsterilisationsprozessen wird Bacillus stearothermophilus als Referenzindikator (Bioindikator) verwendet. Das SAL fordert nun, dass in Abhängigkeit von dem zu sterilisierenden Produkt eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit erzielt werden muss, dass alle Mikroorganismen auch tatsächlich abgetötet werden und somit alle Produkte auch tatsächlich steril sind. Diese größtmögliche Wahrscheinlichkeit gilt als nachgewiesen, wenn ein SAL-Wert von 10-6 erreicht wird. Das heißt, dass die Wahrscheinlichkeit, das nach dem Sterilisationsprozess doch noch ein Produkt unsteril ist, bei 1 : 1 000 000 liegt.
Re-Validierung
Sofern alle Qualifizierungsstufen und die Prozessvalidierung(en) erfolgreich abgeschlossen wurden, muss vom Betreiber ein Intervall für die Re-Validierung festgelegt werden. Hierbei ist es sinnvoll sich mit dem Autoklavenhersteller abzustimmen, da es sich anbietet die Re-Validierung mit der notwendigen wiederkehrenden Kalibrierung der Gerätesensorik zu kombinieren.
Vorsicht ist bei der Änderung von Prozessparametern geboten. Dazu zählen z.B.
- Änderungen von Geräteparametern (z.B. Änderung der Sterilisiertemperatur und/oder -zeit);
- Änderung an der Beladungskonfiguration bzw. Änderungen in der Zusammensetzung des zu sterilisierenden Produktes,
- Änderung von Verpackungen bei verpackten Gütern,
- Reparaturen an Geräten und damit verbundener Austausch von Komponenten,
- Updates der Gerätesoftware.
Sollten die oben angeführten Veränderungen eintreten, muss deren Einfluss auf den validierten Gesamtprozess geprüft werden. Ist zu erwarten, dass die Änderung Einfluss auf den Gesamtprozess haben könnte, muss der Einfluss im Rahmen einer Re-Validierung festgestellt, bewertet und dokumentiert werden. Gegebenenfalls ergeben sich hieraus notwendige Anpassungen am Gesamtprozess, damit dieser die vor der Änderung festgelegten Parameter auch weiterhin einhalten kann.
Da sich Veränderungen teilweise auch schleichend, also schwierig bis gar nicht wahrnehmbar ergeben, sollte eine Re-Validierung in jedem Fall in festgelegten Intervallen erfolgen. Hier hat sich ein Intervall von einem Jahr bewährt. Bei besonders kritischen Prozessen kann das Intervall für die Re-Validierung aber auch in kürzeren Abständen festgelegt werden.
Dieser Artikel ist in dem LABO Magazin 05/2018 erschienen.
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